Rabenschwarze Cartoons von Harald R. Sattler
4. Mai – 10. Juni 2012
Vita des Harald R. Sattler, erzählt von ihm selbst
Ich wurde im Oktober 1939 in Wien geboren. Im Alter von 17 Jahren ging ich nach Paris mit dem Vorsatz, die dortige Kunstszene aufzumischen. Erst in Paris wurde mir so richtig bewusst, wie eng und provinziell es im Nachkriegs-Wien zugegangen war. Tagsüber durchstreifte ich den Louvre (damals wurde das Gebäude gerade saniert und ich kam und ging durch den Bauarbeitereingang, ohne jemals Entree zu bezahlen), abends ging`s dann nach St. Germain. Im „Olympia“ hörte ich die kleine „große“ Edith Piaf, wenig später verliebte ich mich unsterblich in die immer schwarz gekleidete Chanteuse Juliette Greco, der ich es von da an gleichtat: ich bevorzuge seit damals schwarze Klamottage.
In Paris hatte ich angefangen künstlerisch zu arbeiten, anfangs erst als Pflastermaler und Zeichner, später als Maler am Montmartre ums Sacrè-Coeur herum, wo es von Touristen nur so wimmelte, die gerne ein echtes Original aus Paris von einem ebenso echten original Pariser gemaltes Andenken mit nach Hause nehmen wollten. Die „Touris“ kauften wie verrückt und zahlten gut. Dann wurde meine Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr verlängert. Klar, dass ich nicht mehr in das mir viel zu eng und bürgerlich erscheinende Österreich zurück wollte. Als Kompromiss entschied ich mich für Deutschland. Den Rheinländern wird ja wie den Wienern und Parisern eine gewisse Nonchalance und Leichtlebigkeit nachgesagt. Also machte ich in Köln fest. In Köln perfektionierte ich meine künstlerischen Fähigkeiten und begann als Cartoonist (damals noch korrekt Witzzeichner genannt) für die beiden Kölner Tageszeitungen, die Rundschau und den Kölner Stadtanzeiger (später mein bevorzugter Kunde), zu arbeiten. Nebenbei zeichnete ich auch für Werbeagenturen. Mit der Karriere ging es nur langsam aufwärts, bis… ja, bis sich ein Kölner Oberstaatsanwalt dazu hinreißen ließ, mich wegen Majestätsbeleidigung vor die Schranken seines Gerichts zu zerren. Anklage wie gesagt Majestätsbeleidigung (in der demokratischen Bundesrepublik!), begangen mittels frecher Photomontage am Schah von Persien, der damals mit seinen Prügelpersern unter uns jungen Leuten für Furore und Randale sorgte. Das Verfahren schleppte sich unter beachtlichem Medieninteresse durch drei Instanzen und endete schließlich für mich, den Redakteur und den Verleger des Stadtanzeigers mit vergleichsweise moderaten Geldstrafen. Der Bann war gebrochen, mit der Karriere ging`s von da an bergauf. Ich arbeitete bald für über 80 Zeitungen und Magazine, in der damals führenden Satirezeitschrift PARDON machte ich auf der vorletzten Seite meine (unzensierten!) Photospäße. In Köln lernte ich die Redaktionssekretärin Kristina kennen, die ich nach 8 Jahren zu meiner Frau machte. Mit Kristina bereiste ich Westeuropa, Ostafrika, Arizona, New Mexiko, Kenia und Tansania. Wir bestiegen den Mount Mehru und den Kilimandscharo, wanderten in der Serengeti und im Ngorongoro Krater. Köln liegt in der Rheinischen Tiefebene und hat ein Klima, das nicht jedem auf Dauer behagt. Uns ging es auch so und wir nahmen uns vor, unseren Lebensmittelpunkt in den Süden der Republik zu verlegen. Nach den Jahren in Wien, Paris und Köln stand für mich fest: bloß nicht wieder in eine Großstadt. Wir zogen also nach Passau mit dem Vorhaben uns in der Nähe ein Sacherl zu suchen. So endeten meine Wanderjahre in einem ruhigen Fleckerl im Landkreis, mit mehr Kühen und Schweinen im Dorf als Menschen. Ich schreibe noch für ein paar alte treue Kunden und getreu der Überzeugung meiner indianischen Freunde in Arizona, glaube ich, dass alle meine Tiere, die eine Strecke ihres Weges mit mir gegangen sind, in den ewigen Jagdgründen auf mich warten.